
Ich sage anderen Menschen vergleichsweise selten, dass ich sie gern habe und es genieße, Zeit mit ihnen zu verbringen. Deutlich öfter mache ich sie auf ihre Unzulänglichkeiten aufmerksam und gebe zu verstehen, dass ich Raum für mich selbst benötige. Hin und wieder wird mir dieser Umstand bewusst und ein schlechtes Gewissen übermannt mich. Zwar bin ich kein Freund inflationärer Zuneigungsbekundungen – außer ich bin verliebt, dann gelten andere Regeln –, doch wünsche ich mir manchmal, ein besseres Gleichgewicht halten zu können. Die Menschen, die ich wirklich schätze, haben es verdient, das zu hören.
Es geht mir definitiv besser als früher und im Großen und Ganzen komme ich schon klar; dass ich mich richtig glücklich oder unbeschwert fühle, stellt allerdings nach wie vor eine Ausnahme dar. Häufig bin ich so sehr mit mir selbst und meinen Problemen beschäftigt, dass ich überhaupt nicht wahrnehme, wie distanziert, kühl oder auch kritisch ich mich gebe. Wenn mir auffällt, dass ich in der letzten Zeit unverschämt viel von mir oder den minder angenehmen Seiten meines Gegenübers gesprochen habe, könnte ich mich selbst ohrfeigen. Das Wissen, dass mich die mir nahestehenden Menschen mitsamt meiner unrühmlichen Charaktereigenschaften akzeptieren, beruhigt mich in solchen Momenten nur zum Teil.
Entgegen der faszinierenden Märchen von wie ausgewechselt wirkenden und nicht wiederzuerkennenden Persönlichkeiten, bleibt ein Mensch im Kern bis an sein Lebensende er selbst. Ich würde behaupten, dass allenfalls massive Erkrankungen oder anderweitige Schädigungen des Gehirns dazu in der Lage sind, bis zum Innersten vorzudringen. Dennoch befindet sich ein jeder Charakter unaufhörlich im Wandel – und wir haben es in der Hand, neue Gewohnheiten und Verhaltensmuster zu etablieren. Diese Möglichkeit will ich nutzen.
Ob oder wie schnell es mir gelingt, meine Wertschätzung deutlicher zum Ausdruck zu bringen, kann ich nicht sagen. Das hängt von zahlreichen Faktoren ab. Auf jeden Fall möchte ich in Zukunft ein Auge darauf haben. Ich werde mein Bestes geben, irgendwann keinerlei Zweifel an meiner Zuneigung mehr aufkommen zu lassen. Das wird weder leicht noch auf Anhieb gelingen. Aus diesem Grund wäre es klasse, würdet ihr mir bei meinem Vorhaben zur Seite stehen. Viel verlange ich gar nicht, lediglich um eine Sache bitte ich euch: Vergesst niemals, dass ihr mir eine Menge bedeutet. Ich hab euch gern.
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Interessanter Eintrag. Einiges kann ich – was die Veränderung der Persönlichkeit angeht – nachvollziehen…
Ich bedanke mich!
Ich wage zu behaupten, dass „deine“ Menschen, so sie nicht gerade mit ihren eigenen Verstrickungen beschäftigt sind, deine Zuneigung spüren können. Vielleicht macht genau diese Rarität sie zu etwas Kostbarem.
🙂